In täglich drei Schichten betreut das Team der Wachkomastation – Fachterminus Außerklinische Intensivpflege (AKI) – derzeit 14 Bewohnerinnen und Bewohner, bei denen infolge schwerer Hirnschädigungen, Rückenmarksverletzungen oder neurologischer Erkrankungen eine kontinuierliche oder zeitweise Beatmung notwendig ist. Einige von ihnen befinden sich in der Rehabilitationsphase eines Wachkomas. Sie können folglich keine zweckgerichteten Handlungen mehr ausüben, also auch nicht sprechen oder sich selbst ernähren.
Die Pflegenden müssen deshalb eine feine Antenne dafür haben, welche Unterstützung eine Bewohnerin oder ein Bewohner gerade benötigt. Hilfreich ist dabei, dass sie immer dieselben Personen betreuen. Dadurch nehmen sie Veränderungen im Krankheitsverlauf besser wahr. Denn obwohl viele Geräte zu bedienen sind: Es menschelt.
Kontinuität und Normalität als Handlungsmotto
Einrichtungsleiter Andreas Rost hat eine ambitionierte Maxime für die AKI, die 2022 in einen Neubau in Mülheim-Raadt eingezogen ist: „Wir wollen den Schwerstkranken ein Gefühl von Kontinuität in der Versorgung geben und sie so weit wie möglich am normalen Alltagsgeschehen teilhaben lassen.“ An zwei Tagen pro Woche kommen externe Therapeuten und Ärzte auf die Station. Wenn im benachbarten Wohnstift der Ategris-Gruppe ein Gottesdienst oder ein Fest stattfindet und die Bewohnerinnen und Bewohner dies möchten, werden sie im Rollstuhl dorthin gebracht. Ein Aufenthalt auf der Terrasse oder im Garten ist bei gutem Wetter sogar für diejenigen möglich, die ihr Bett nicht verlassen können. Dann wird es nach draußen geschoben. Eine Handmassage oder das Vorlesen von Zeitungsartikeln gehören ebenfalls zum Alltag der AKI, ebenso der Besuch von Angehörigen. „Angehörige sind uns immer willkommen und wir freuen uns, wenn sie sich mit in die Pflege einbringen“, sagt Rost.
Kontinuität und etwas Normalität im Alltag helfen auch dem Team, besser mit den schwierigen Rahmenbedingungen in der Gesundheits- und Pflegebranche umzugehen: vor allem mit fehlenden, vielen neuen oder in immer kürzeren Abständen modifizierten Gesetzen und Vorgaben.
Enger Zusammenhalt im Team
Auch den Pflegenotstand bekommt die AKI in Mülheim zu spüren. Sechs Betten könnten noch belegt werden, wenn weitere Fachkräfte zum Team dazustoßen würden. „Wir sind nicht nur ein Team, wir sind eine kleine Familie“, schwärmt Romina Kochs, Stationsleitung AKI, und konkretisiert: „Die Zusammenarbeit ist geprägt von genauen Absprachen miteinander; so können sich alle zu 100 Prozent aufeinander verlassen. Engpässe werden gemeinsam gelöst, neues Wissen bereitwillig geteilt.“ Die gute Teamkultur ist belegbar: Seit Gründung des Bereichs AKI vor zehn Jahren hat dem Team noch kein einziges Mitglied den Rücken gekehrt.
Trotzdem sei das Arbeitsumfeld anspruchsvoll, bestätigt Kochs. Wieso hat sich die Ategris trotzdem für das Angebot einer Wachkomastation entschieden? „Wir erfüllen damit unseren Auftrag als Stiftung mit christlichen Werten“, sagt Martin Große-Kracht, Vorstand der Ategris. „Wenn wir einen erheblichen Versorgungsbedarf ermitteln und sich dort kein anderer Träger einbringt, gehen wir die Sache an.“